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Frauenpolitik

Frauenhaus-Statistik: Bedarfsgerechter Ausbau nur mit guter Datengrundlage möglich

Frauenhaus Statistik | © Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK)

18.09.2025

Frauenhäuser in Deutschland müssen Jahr für Jahr hunderte Frauen abweisen. Die Gründe dafür sind vielfältig, werden jedoch bisher nicht systematisch erfasst. Auch die genaue Zahl der Betroffenen von Gewalt im sozialen Nahraum wird aktuell nicht dokumentiert. Dies ist ein gravierendes Problem, da das Hilfesystem nur dann bedarfsgerecht ausgebaut werden kann, wenn die aktuell fehlenden Bedarfe, wie der Mangel an Frauenhausplätzen, auch bekannt sind. Den „bedarfsgerechten Ausbau des Hilfesystems“ schreibt das Gewalthilfegesetz allerdings vor. Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) hat im Rahmen der Frauenhaus-Statistik 2024 nun erstmals nach den Gründen für Abweisungen gefragt.

Neben fallspezifischen Faktoren wurden sowohl Platzmangel und fehlende personelle Kapazitäten als auch gesundheitliche Einschränkungen der Betroffenen oder das Alter der Kinder als Gründe für Abweisungen genannt. Um allen Betroffen einen Schutzplatz in einem Frauenhaus anbieten zu können, bräuchte es gemäß der Istanbul-Konvention aktuell 12.000 Frauenhausplätze mehr in Deutschland!

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„Auch die aktuell steigenden Zahlen zu häuslicher Gewalt zeigen mit aller Deutlichkeit: Das Hilfesystem muss dringend ausgebaut werden. Dass es durch das neue Gewalthilfegesetz ab 2032 einen Rechtanspruch auf einen Schutzplatz gibt, ist ein wichtiger Meilenstein. Aber was passiert mit den Frauen, die bis dahin Schutz brauchen und keinen Platz finden?“, mahnt Sibylle Schreiber, Geschäftsführerin von FHK.

Außerdem beteiligt sich der Bund mit nur 2,6 Milliarden Euro am Ausbau des Hilfesystems bis zum Jahr 2036. Die laufenden Kosten des Hilfesystems, die viel höher sind, müssen Bundesländer und Kommunen selbst tragen. „Länder und Kommunen dürfen jetzt auf gar keinen Fall in Erwartung der Gelder des Bundes ihre Finanzierung für das Hilfesystem verringern oder sogar einstellen“, betont Sibylle Schreiber deshalb. „Stattdessen müssen sie sich finanziell sogar stärker beteiligen, damit der Ausbau wirklich bedarfsgerecht umgesetzt werden kann.“

Das Gewalthilfegesetz ist Ende Februar 2025 in Kraft getreten. Es verpflichtet die Bundesländer dazu, das Hilfesystem im Zeitraum von 2027 bis 2032 auszubauen, so dass es dem „tatsächlichen Bedarf“ entspricht. Diesen müssen die Bundesländer nun ermitteln und bis Ende 2026 eine Ausgangsanalyse und Entwicklungsplanung vorlegen.

„Für die Bedarfsanalyse ist es zwingend erforderlich, dass die Bundesländer die Definitionen und Kategorie der zu erhebenden Daten aufeinander abstimmen. Sie könnten beispielsweise die Kategorien der ,Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt‘, die auch im ,Monitor Gewalt gegen Frauen‘ verwendet werden, nutzen. Durch eine solche Vereinheitlichung wären die Ergebnisse der einzelnen Länder überhaupt erst vergleichbar“, betont Stefanie Leich, Vorstandsvorsitzende von Frauenhauskoordinierung. „Nur so kann das Hilfesystem nach bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards ausgebaut werden.“

FHK-Geschäftsführerin Sibylle Schreiber ergänzt: „Nach wie vor leben mehr Kinder als Erwachsene im Frauenhaus. Zudem hat fast ein Fünftel der Frauenhaus-Bewohner*innen eine Behinderung oder Beeinträchtigung. Allerdings sind nur wenige Frauenhäuser in Deutschland barrierefrei. Auch diese Bedarfe sowie die von Kindern und Jugendlichen müssen zwingend sowohl bei der Analyse als auch beim Ausbau des Hilfesystems berücksichtigt werden.“

Hintergrund

Seit über 25 Jahren dokumentiert die Frauenhaus-Statistik von FHK jährlich und als einzige Erhebung bundesweit Daten zu Frauenhäusern in Deutschland und ihren Bewohner*innen. Im Jahr 2024 haben etwa 13.700 Frauen und 15.300 Kinder Schutz in Frauenhäusern gesucht. Das ergibt die Hochrechnung aus der aktuellen Frauenhaus-Statistik von FHK. Grundlage der Statistik sind in diesem Jahr Daten zu 6.477 Frauen und 7.224 Kindern aus insgesamt 189 der ca. 400 Frauenhäuser in Deutschland. Zwei Drittel der Betroffenen finden keinen Frauenhaus-Platz in ihrer Nähe. Sie müssen in eine andere Stadt oder einen anderen Landkreis fahren. Außerdem muss fast jede vierte gewaltbetroffene Person ihren Aufenthalt im Frauenhaus nach wie vor selbst bezahlen.