Frauenpolitik
Frauenhauskoordinierung: Kernforderungen zum Gewaltschutz

20.04.2025
Frauenhauskoordinierung e. V. (FHK) hat anlässlich der aktuellen Koalitionsverhandlungen im Bund Kernforderungen zum Gewaltschutz aufgestellt. Denn auch wenn das Gewalthilfegesetz mittlerweile verabschiedet wurde, gibt es nach wie vor Regelungslücken im System:
1. Rechtliche Verankerung des Prinzips „Gewaltschutz vor Sorge- und Umgangsrecht" – Artikel 31 der Istanbul-Konvention umsetzen
Gemäß der Istanbul-Konvention ist Deutschland verpflichtet häuslicher Gewalt bei Entscheidungen im Sorge- und Umgangsrecht angemessen zu berücksichtigen. In der Rechtspraxis spiegelt sich das jedoch ungenügend wider: Stattdessen werden gewaltbetroffene Frauen und Kinder im Kontext von Sorge- und Umgangsregelungen regelmäßig zu Kontakt mit dem Gewalttäter gezwungen und damit erheblicher Gefährdung ausgesetzt. Die erforderliche rechtliche Verankerung im familienrechtlichen Verfahren steht bis heute aus und muss Aufgabe der zukünftigen Regierung sein.
2. Lücke an der Schnittstelle Gewaltschutz und Aufenthaltsrecht schließen – Artikel 59 der Istanbul-Konvention umsetzen
Die Möglichkeit sich aus einer von Gewalt geprägten Beziehung zu lösen ist leider bis heute abhängig vom Aufenthaltsstatus, denn Frauen mit einem an die Ehe gekoppelten Aufenthaltsstatus riskieren bei einer Trennung ihr Bleiberecht. Die geltenden Härtefallregelungen nach §31 Abs.2 AufenthG entsprechend nicht den Vorgaben des Artikels 59 der Istanbul-Konvention. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, damit Gewaltschutz nicht am Aufenthaltsstatus scheitert.
3. Digitale Gewalt bekämpfen
Im digitalen Raum sind Frauen besonders häufig von sexueller Belästigung, Bedrohungen und bildbasierter Gewalt, insbesondere im Kontext von (Ex-)Partnerschaften, betroffen. Deutschland muss seiner Verpflichtung aus der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt nachkommen, Gesetzeslücken im Bereich digitaler Gewalt (z.B. bei Deep-Fake-Bildern/Pornos) schließen, Polizei und Justiz fachlich und Trauma sensibel schulen und Plattformbetreiber in die Verantwortung nehmen.
4. Täterarbeit verstärken - weitere Gewalt verhindern
Einen zentralen Baustein in einem ganzheitlichen Gewaltschutzsystem stellt frühzeitig einsetzende proaktive Täterarbeit dar. Gewaltausübende müssen gezielt und langfristig in Programmen zur Gewaltprävention und -bewältigung begleitet werden, um zukünftige Tatenzu verhindern. Wenn wir Gewalt gegen Frauen wirklich verhindern wollen, müssen diejenigen in die Verantwortung genommen werden, die diese Gewalt ausüben.
5. Gewaltschutz und Gleichstellung zusammen denken
Der Schutz vor Gewalt darf nicht isoliert betrachtet werden. Wirtschaftliche Abhängigkeit und (geschlechtsbasierte) Machtgefälle erschweren Frauen den Weg aus der Gewaltbeziehung erheblich. Die Politik muss Frauen durch gleichstellungspolitische Maßnahmen – z.B. mit Blick auf Gender Pay Gap oder Gender Care Gap – in die Lage versetzen, sich ohne Existenzangst von einem gewalttätigen Partner zu trennen und den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu gehen. Wirksame Gleichstellungspolitik wirkt präventiv und verbessert die Sicherheit von Frauen und Kindern nachhaltig.