Frauenpolitik
In Rollenbildern gefangen – wie das Patriarchat auf Männlichkeit wirkt
23.10.2025
Rund 40 Menschen haben sich am 20. Oktober von den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland zu einem Online-Abend einladen lassen. Referent Flor Fischer sprach über ein Thema, das aktuell und dringend zugleich ist: Wie das Patriarchat Männlichkeit formt – und Männern wie Frauen schadet.
Flor Fischer machte deutlich: Das Patriarchat ist kein System, von dem ausschließlich Frauen betroffen sind. Es wirkt auch tief in das Selbstverständnis und Erleben von Männern hinein. Männlichkeit wird in unserer Gesellschaft oft noch nach einem engen Skript bewertet – stark, unabhängig, leistungsorientiert, emotionslos.
Anhand von Forschungsergebnissen zeigte Fischer, wie diese Normen emotionale Verarmung, Einsamkeit und psychische Belastungen fördern. Männer lernen, Gefühle zu unterdrücken und sich über Erfolg, Kontrolle und Stärke zu definieren – mit gravierenden Folgen:
- 70 % der Suizide in Deutschland werden von Männern begangen
- Männer verunglücken häufiger im Straßenverkehr
- und sind überproportional an Gewaltkriminalität beteiligt – als Täter wie als Opfer
Doch Flor Fischer betonte auch die Hoffnung: Das Problem sei nicht Männlichkeit an sich, sondern die Vorherrschaft eines engen, herrschaftlichen Männlichkeitsbildes. Veränderung beginne dort, wo Männer lernen dürfen, verletzlich zu sein, empathisch zu handeln und Beziehung als Stärke zu leben.
Nach dem Vortrag tauschten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen rege über eigene Prägungen und Erfahrungen aus. Viele berichteten, wie stark patriarchale Muster ihr eigenes Leben beeinflusst haben – ob in Familie, Beruf oder Freundeskreis. Im anschließenden Plenum wurden Fragen gestellt, Erfahrungen geteilt und Strategien für Veränderung diskutiert.
Wenn du gekommen bist, um mir zu helfen, dann verschwendest du deine Zeit.
Wenn du aber gekommen bist, weil deine Befreiung mit meiner verbunden ist, dann lass uns zusammenarbeiten.
Aboriginal Aktivist*innenkollektiv, Queensland / Australia
Der Abend zeigte eindrücklich: Patriarchale Strukturen lassen sich nur gemeinsam überwinden. Es braucht niederschwellige Räume zum Austausch, in denen Menschen ehrlich über Männlichkeit sprechen können – über Erwartungen, Überforderung, Verletzlichkeit und Veränderung. Nur so können wir patriarchale Männlichkeit verlernen und eigene, freie Formen von Männlichkeit neu zu entdecken – beziehungsorientiert, empathisch und menschlich.
Evangelische Frauen in Mitteldeutschland (EFiM)