Frauenpolitik
Mutmacherinnen in Halle – Ein Abend gegen das Schweigen
10.11.2025
Rund vierzig Menschen kamen am 6. November in die Marktkirche in Halle, um die Ausstellung „Mutmacherinnen“ zu eröffnen – ein Abend, der ebenso nachdenklich wie ermutigend war. Bereits vor Beginn hatte die Initiative CatCalls Halle mit einer Kreideaktion auf dem Markt und vor der Kirche auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht und damit ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt.
Die Eröffnung gestalteten Marktkirchen-Pfarrerin Simone Carstens-Kant und Eva Lange, Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland. Beide betonten, wie wichtig es ist, dass sich auch Kirche klar und hörbar gegen Gewalt an Frauen stellt. Auch Sarah Schulze, Landesbeauftragte für Frauen- und Gleichstellungspolitik, und Daniela Suchantke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Halle, würdigten in ihren Grußworten das bestehende Hilfesystem in Halle und im Land. Sie dankten den Frauenhäusern, Beratungsstellen und Initiativen, die täglich Schutz und Begleitung bieten – oft unter schwierigen Bedingungen.
Gewalt hat viele Gesichter
Im anschließenden Podiumsgespräch mit Expertinnen von Polizei, Interventionstelle Frauenhaus und Kinder- und Jugendschutz wurde schnell deutlich, wie komplex und vielschichtig das Thema ist. Anja Salamon, Präventionsbeauftragte der Polizei Halle, berichtete, dass die Polizei dort zwei bis drei Mal täglich zu Einsätzen gerufen wird, in denen Partnerschafts- oder häusliche Gewalt eine Rolle spielt. Gewalt, so betonte sie, sei nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und ökonomisch – und damit häufig schwerer zu erkennen, aber nicht weniger zerstörerisch. Besonders gut laufe in Halle die proaktive Kontaktaufnahme der Interventionsstelle nach Polizeieinsätzen, ergänzte Susann Werner-Albien. Rund 150 Personen haben sich in diesem Jahr zudem eigenständig gemeldet. Katja Kaiser vom Frauenschutzhaus Halle machte deutlich, wie viel Mut es braucht, in einer gewaltvollen Beziehung den Schritt ins Frauenhaus zu gehen: „Das ist der schwerste Schritt, die letzte Lösung." Die Frauen geben dabei sehr oft ihr soziales Umfeld auf. Sie betonte, wie wichtig es ist, den Frauen zu glauben und sie niemals zu beschämen. Babett Hanf vom erzieherischen Kinder- und Jugendschutz der Stadt Halle lenkte den Blick auf Prävention. Oft, so sagte sie, werde sie erst gerufen, wenn es an Schulen bereits Probleme gibt. „Wir müssen viel früher ansetzen. Viele erkennen einen Klaps auf den Po immer noch nicht als Gewalt – sondern nennen ihn ‚normal‘.“
Was sich verändern muss
Im Gespräch wurde deutlich, dass Halle und Sachsen-Anhalt über funktionierende Netzwerke verfügen – doch sie stoßen an Grenzen. Verbessert werden müsse vor allem:
-
das konsequente Ausschöpfen der bestehenden Möglichkeiten in Prävention, Intervention und Strafverfolgung,
-
der Ausbau von Präventionsangeboten und Täterarbeit,
-
eine verlässliche Finanzierung und Erweiterung des Hilfesystems,
-
sowie spezielle Beratungsangebote für junge Frauen und Kinder.
Was jede und jeder tun kann
Neben aller strukturellen Arbeit bleibt die gesellschaftliche Verantwortung. Die Frauen auf dem Podium machten Mut, im Alltag hinzuschauen – auch dort, wo es unbequem ist.
Was man als Freundin, Nachbarin oder Kollegin tun kann:
-
hinhören und zuhören,
-
den Betroffenen glauben,
-
an ihrer Seite stehen – auch wenn sie in die Beziehung zurückkehrt,
-
in akuten Situationen die Polizei rufen – Gewalt ist keine Privatsache,
-
das soziale Netz aufrechterhalten und Kontakt halten.
Begleitet wurde der Abend von Simone Juppe und Gerlinde Coch, deren Musik der Veranstaltung einen warmen, würdigen Rahmen gab.
Die Ausstellung „Mutmacherinnen“ bleibt bis zum 21. November in der Marktkirche zu sehen. Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, sie anzuschauen, darüber zu sprechen, Freundinnen und Freunde mitzubringen – denn Bewusstsein wächst, wenn Menschen einander zuhören.
Evangelische Frauen in Mitteldeutschland (EFiM)



















