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Weltgebetstag

Tanztraditionen in Slowenien - Es ist noch Platz!

02.08.2018

Wie wir an dem Titelbild des diesjährigen Weltgebetstages sehen, gehört der Tanz zu einem slowenischen Fest wie selbstverständlich mit dazu. Volkstümliche Musik ist weit verbreitet und inspiriert auch junge Menschen[1]. Erklingt irgendwo ein Walzer oder eine Polka, wagt garantiert jemand ein spontanes Tänzchen. Ein zweites, ein drittes Pärchen kommt dazu. Und es gibt immer noch Platz!

Als Nationaltanz gilt die Polka, ein Paartanz, der oft ausgelassen getanzt wird. Er basiert auf Wechselschritten im Rhythmus kurz-kurz-lang. Die Schrittfolge beginnt mal mit links, mal mit rechts. Statt der Wechselschritte kann der Tanz auch mit einfacher Gewichtsverlagerung mit oder ohne Hopser getanzt werden. Ähnlich wie beim Wiener Walzer dreht sich das Paar in schneller Folge um die eigene Achse, auch Figuren sind möglich. Diese Tanzform ist schon lange vor 1800 in vielen Ländern bekannt, allerdings in den verschiedenen Gegenden unter unterschiedlichen Namen wie Nimra, Hopser, Hipper oder Schottisch. Der Name Polka stammt aus Tschechien (Böhmen), wo er 1835 von Pulka, was Hälfte bedeutet, auf Polka geändert wurde, wohl aus Sympathie zu den damals unterdrückten Polen. Von Prag, Wien und Paris aus verbreitete sich der Name rasch über ganz Europa. Die Tanzhaltung ist wie beim Standardtanz oder auch in Rundfassung. Das Lied Nr.2 aus unserer Gottesdienstordnung fordert uns geradezu zur Polka heraus. Probieren Sie es und laden Sie auch andere dazu ein!

In Slowenien gibt es darüber hinaus noch Platz für viele weitere Tänze, die uns aus dem deutschen Sprachraum bekannt sein dürften: der Bauernwalzer, der Besentanz, der Siebenschritt, ein Landler, der Malender, der Strohschneider... Dass dieses so ist, hängt mit der Geschichte Sloweniens zusammen, hat doch dieses Land vom 13. Jahrhundert bis 1918 unter Habsburger Herrschaft gestanden. Aber natürlich haben sich auch regionale Besonderheiten und Varianten der einzelnen Tänze herausgebildet.[2]

Obwohl das Land von 1918 an zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, ab 1929 bis 1941 zum Königreich Jugoslawien  und ab 1945 zur Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien gehört hat, verstehen die Slowenen sich nicht als Balkanland. Heute liegt der Anteil der in Slowenien lebenden Serben und Kroaten laut Volkszählung 2002 bei jeweils knapp 2 % der Bevölkerung, der Anteil der Bosniaken bei 1,1 %. Doch natürlich kennt man – zumindest im Süden des Landes - typische Balkantänze wie den Kolo. Davon zeugt das slowenische Volkslied „Lepa Anka kolo vodi“, „Die schöne Anka leitet den Kolo an“. Der Kolo ist ein „gezogener“ Tanz, das heißt, dass eine Person den Reigen an- und durch den Raum führt. Er wird von mindestens drei Personen getanzt (nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt). Es ist Platz für jede, die sich einreihen und sich dem Reigen anschließen möchte, egal ob alt oder jung, groß oder klein, dick oder dünn. Der ideale Tanz also für unseren diesjährigen Weltgebetstag: Kommt, es ist alles bereit![3] [4]

Einen wichtigen Platz in der Bewahrung kulturellen Erbes haben darüber hinaus die in Slowenien lebenden Roma. Da viele von ihnen als Musiker oder UnterhaltungskünstlerInnen gearbeitet haben, haben sie beträchtlich auf die Musik der Länder, in denen sie leben und lebten, eingewirkt. Ihr eigener Musikstil verband sich oft mit der Volksmusik des jeweiligen Gastlandes. Und so erhielten sich dessen Traditionen über viele Jahrhunderte. Wie schön, wenn wir auch ihren Liedern und Tänzen einen würdigen Platz an unserem Tisch und auf unseren Tanzflächen einräumen.[5]

Beitrag von Simone Kluge, Tanzpädagogin und Referentin für Frauenarbeit bei den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland

 

[1]     Von der Begeisterung für die kreative musikalische Gestaltung traditioneller Musik aus verschiedenen Kulturen zeugt der Chor Perpetuum Jazzile, perpetuumjazzile.si/de.

[2]     Informationen und Videoclips zu diesen Tänzen sind zu finden unter danzilla.de.

[3]     Es gibt schnelle, aber auch langsame Kolos, einfache oder auch komplexere Schrittmuster und Rhythmus. Die niedrigschwelligste Variante ist ein Fortschreiten des Reigens, indem mehr Schritte in eine Richtung als in die anderen ausgeführt werden, z.B. drei (Seit-)Schritte nach rechts und dann wiederum zwei (Seit-)Schritte nach links oder fünf nach rechts und drei nach links. Die Tanzbeschreibung zum Kolo von Srem befindet sich im Downloadbereich.

[4]     Es empfiehlt sich, Kontakt zu einer Volkstanzgruppe in der Nähe aufzunehmen, die garantiert einige Kolos in ihrem Repertoire hat. Was für eine schöne Gelegenheit, ihnen Raum in unseren Weltgebetstagesfeiern einzuräumen.

[5]     Der Musik zu den Roma-Tänzen Mori Shej und Na shinger tut shej befindet sich auf der CD „O Suno. Gypsy Folk Songs from Hungary“. Die Tanzbeschreibungen finden Sie im Downloadbereich. Das Wiegenlied Mori Shej ist so bekannt, dass im Netz nicht nur zahlreiche Einspielungen, sondern auch Text und Noten dazu zu finden sind. Denn natürlich wird traditionell zu Life-Musik getanzt und MusikerInnen dürfen bei einem Fest nicht fehlen. Noch Platz?