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Frauenpolitik

Femizide stoppen - Gedenkstunde im Landtag

Gedenkstunde Landtag Sachsen-Anhalt

24.11.2025

Gewalt gegen Frauen ist kein Randphänomen, keine Privatangelegenheit und schon gar kein individuelles „Missverständnis“. Die politisch Verantwortlichen in Sachsen-Anhalt zeichnen ein deutliches Bild: Die Zahl der Fälle steigt, das Hilfesystem ächzt, und gleichzeitig wächst die Entschlossenheit, dem etwas entgegenzustellen.

Landtagsvizepräsidentin Anne-Marie Keding betonte, dass das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat liege – und die daraus erwachsende Pflicht, jede einzelne Person vor Gewalt zu schützen. Ein Schutzauftrag, der nur erfüllt werden kann, wenn das Hilfesystem breit, erreichbar und verlässlich ist. 

Sozialministerin Petra Grimm-Benne beschrieb die Lage als „traurige und zugleich entschlossene Realität“. Gewalt an Frauen sei ein tief verankertes gesellschaftliches Problem – keine Privatsache, sondern ein Auftrag an uns alle. Sie verwies auf Zahlen: 8300 Fälle im vergangenen Jahr, ein Plus von sechs Prozent. Ausdruck patriarchaler Gewaltstrukturen, die noch immer wirken. Gleichberechtigung, so ihre Botschaft, sei keine Frauenfrage.

Die Landesregierung setze daher auf fünf zentrale Maßnahmen: das Gewalthilfegesetz umzusetzen, das Hilfesystem insbesondere im ländlichen Raum auszubauen, die vertrauliche Spurensicherung zu stärken, vulnerable Gruppen besser zu schützen und Aufklärung wie Sensibilisierung gezielt zu fördern. „Jede Frau hat ein Recht auf Sicherheit, Freiheit und Würde“, hielt Grimm-Benne fest.

Michelle Angeli vom Landesfrauenrat wies darauf hin, dass es allein in diesem Jahr vier Femizide in Sachsen-Anhalt gab. Immer wieder gehe es dabei im Kern um Besitzansprüche und Kontrolle. Viel zu oft seien die Taten der Endpunkt einer Gewaltspirale, deren Warnzeichen erkennbar waren. Verbindliche Risikobewertungen, Täterarbeit und ein ausfinanziertes Hilfesystem seien entscheidend. 

Daniela Zocholl sprach für die Interventionsstellen im Land. Diese Einrichtungen unterstützen alle volljährigen Betroffenen häuslicher Gewalt. 90 Prozent davon seien Frauen, 87 Prozent deutsche Staatsbürgerinnen. In 70 Prozent der Fälle sei der Täter bekannt – Partner, Ex-Partner, Familienangehörige. Zu selten werde Täterberatung angeordnet, zu selten seien die Beratungsstellen ausreichend finanziert.

Gewalt gegen Frauen beendet Biografien, zerstört Existenzen und versehrt Familien. Der gesellschaftliche Auftrag ist klar: Strukturen verändern, Schutz gewährleisten, Täter stoppen. Jede Frau, die heute Unterstützung findet, zeigt, was möglich ist. Genau dort beginnt echte Gleichberechtigung – nicht im Symbolischen, sondern im Alltag.

Katja Schmidtke