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Archiv - Fernstudium Theologie geschlechterbewusst kontextuell neu denken 2021-22

Bericht Fernstudium Modul Gott*

14.06.2022

Vom 10. bis 12. Juni 2022 fand der Direktkurs des Fernstudiums „Theologie geschlechterbewusst – kontextuell neu denken“ zum Modul Gott* in Erfurt statt. Die Studierenden waren sehr erfreut, dass sie sich dafür in Präsenz zusammenfinden konnten. Am Freitagabend wurde der Öffentliche Vortrag im Ursulinenkloster hybrid gehalten von Dr.in Dr.in Schwester Teresa Forcades i Vila (Theologin und Ärztin, Kloster Montserrat, Barcelona). Nach der Begrüßung durch Prof.in Dr.in Ulrike E. Auga (AKD, EKBO) und der Leitenden Pfarrerin der EFiM Eva Lange, sprachen Dr. Sebastian Kranich (Ev. Akademie Thüringen) sowie Marie Merscher (Maria 2.0 Berlin, KDFB Berlin) Grußworte.

Schwester Teresa Forcades Vila hielt den Vortrag zu „Kritischer Mariologie“. Sie stellte mit biblischem Befund eine Maria von Nazareth vor, die erst nach kritischer Rückfrage und einer Zeit der Entscheidungsfindung bewusst "Ja" dazu gesagt hat, schwanger zu werden und das Göttliche in die Welt zu gebären. So kann Maria ein Vorbild für Christ*innen sein, sich kritisch und bewusst dafür zu entscheiden, in Selbstverantwortung Gottes Liebe und Gottes Willen in unserer Welt zum Wirken zu bringen. Unser Gottesbild beeinflusst, wie wir über Menschen denken: denn in diesem Bild gesprochen, können auch wir Gottesgebärerinnen sein. Maria stellt sich mit ihrem Lobgesang (Magnifikat) in die Tradition ihres jüdischen Volkes und stellt alle Herrschaftsstrukturen infrage. Eine daraus entwickelte Theologie kann durchaus eine politische Dimension haben.

In der theologischen Arbeit am Samstag untersuchte Dr.in Dr.in Schwester Teresa Forcades mit der Studiengruppe Texte von Teresa von Avila und Gertrud von Helfta. Die zu den Mystikerinnen zählenden Theologinnen machten in ihrer Zeit Gotteserfahrungen, welche in ihren Schriften überliefert sind. In ihren Texten können wir heute queere Gottesbilder entdecken: Bilder, in denen "Gott" nicht eindeutig männlich oder weiblich konnotiert ist, und die dennoch entwerfen, dass die Menschen vom Göttlichen sehr persönlich und existentiell berührt werden. Die Kategorien des theologischen Denkens, die inneren Bilder und Vorstellungen von Gott*, werden so immer wieder erweitert. Die Teilnehmenden setzen sich außerdem mit ihrem eigenen Gottesbild auseinander.

Am Sonntag leitete Prof.in Dr.in Ulrike E. Auga die weitere Diskussion. Deutlich wurde noch einmal, dass Theologie "queer" zu denken, zu einer Haltung herausfordert, die Kirche und Gesellschaft verändern kann: gegen alle Form von Gewalt (im Kapitalismus, Neoliberalismus oder Patriarchat) und für eine gerechtere Gesellschaft. Die Teilnehmenden wurden ermutigt zu kritischem Denken und zum Engagement, sich einzubringen und selbst Neues zu gestalten.

Bericht: Eva Lange, Leitende Pfarrerin EFiM
Foto: Ulrike E. Auga; v.l.n.r.: Teresa Forcades, Ulrike E. Auga und Marie Merscher